Der Stadtrat hat, auf seiner Sitzung am 30.09.2014, nachfolgende Resolution einstimmig verabschiedet.
Resolution
an
den Bundestag
Herrn Prof. Dr. Norbert Lammert
die Bundesregierung
Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel
den Nordrhein-Westfälischen Landtag
Frau Präsidentin Carina Gödecke
die Landesregierung Nordrhein-Westfalen
Frau Ministerpräsidentin Hannelore Kraft
und das
Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport
Frau Ministerin Ute Schäfer
Der Stadtrat der Stadt Kempen appelliert an den Bundestag, die Bundesregierung, den Nordrhein-Westfälischen Landtag und das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport sich dringend der gemeinsamen Verantwortung in Zusammenhang mit den Inobhutnahmen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu stellen.
Der Stadtrat Kempen fordert deshalb, umgehend nachfolgende Punkte umgehend zu Gunsten der Stadt Kempen zu regeln:
1) Die Übergabe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge an die Jugendämter des erstmaligen Aufgriffsortes.
2) Der Stadt Kempen werden alle Personal- und Sachkosten, welche für die Betreuung und Begleitung der unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen anfallen, erstattet.
Die hohe und weiterhin massiv steigende Anzahl an Inobhutnahmen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in den vergangenen Jahren und im laufenden Jahr stellt die kommunale Jugendhilfe und ihre Kooperationspartner vor große Herausforderungen. Zum Schutze des Kindeswohls haben alle Kommunen die dafür notwendigen und gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zu ergreifen. In besonderem Maße sind in Nordrhein-Westfalen sieben Städte an der Staatsgrenze zu den Niederlanden und Belgien mit dieser Aufgabe befasst, da die Flüchtlinge hier als Erstes mit einer deutschen Behörde in Kontakt kommen.
Nach Angaben des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport wurden im Jahre 2013 in Nordrhein-Westfalen 1083 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Inobhut genommen. 90% der Inobhutnahmen entfielen auf lediglich 7 Jugendämter.
Zu der meist betroffenen Anlaufstelle zählt seit April 2012 die Stadt Kempen, nachdem die Wache der Bundespolizeidirektion St. Augustin von Straelen (Kreis Kleve) nach Kempen (Kreis Viersen) umgezogen ist. Zu den Aufgaben der Kempener Wache zählen u.a. die Kontrollen der Autobahnen 40, 52 und 61. Die A 40 ist eine der Hauptreiserouten von Flüchtlingen, die aus Frankreich über Belgien kommend in Reisebussen (Eurocityliner) nach Dänemark und den skandinavischen Ländern fahren wollen.
Die Stadt Kempen stellte sich in der Vergangenheit und stellt sich auch in der Gegenwart mit hohem Engagement und Einsatz ihrer Verantwortung, was vor allem einen hohen personellen Aufwand erfordert. Die Anzahl der Versorgung von unbegleiteten Jugendlichen seit 2012 übersteigt allerdings bei weitem die Möglichkeiten einer 35.000 Einwohner-Stadt.
Zur Erläuterung folgende Zahlen:
Jahr |
Aufgriffe |
2012 | 35 |
2013 | 123 |
2014 (Stand Juni) | 54 |
Inobhutnahmen insgesamt | 212 |
Damit hat das Jugendamt der Stadt Kempen im Jahre 2013 etwa 11% der Inobhutnahmen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in NRW geschultert.
Hervorzuheben ist, dass auf dem Stadtgebiet Kempens lediglich 3 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgegriffen worden sind. Die Stadt Kempen hat alleine für Transferleistungen (Kosten für die Unterbringung und Betreuung der unbegleiteten Flüchtlinge) 2 Millionen Euro in ihren Haushalt für 2014 eingestellt. Durch die nicht vorhersehbare Zunahme der Aufgriffe ist die Stadt Kempen im September 2014 gezwungen, weitere überplanmäßige Mittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro für die Unterbringung und Betreuung der minderjährigen Flüchtlinge bereit zu stellen. Damit betragen alleine die Transferleistungen 2014 etwa 3,5 Millionen Euro. Die Kosten für das eigene Personal für die Inobhutnahmen sowie für verschiedene Sachkosten, die weder vom Land noch von anderen Kostenträgern erstattet werden, sind in dieser Summe noch nicht enthalten.
Es ist der Stadt Kempen ohne Unterstützung nicht mehr möglich, die große Anzahl der Kinder und Jugendlichen vorschriftsgemäß Inobhut zu nehmen oder gar die UN-Kinderrechtskonvention für den Umgang mit dieser Personengruppe zu erfüllen.