Und, was bleibt? Ein Besuch der Ministerin, nicht mehr und nicht weniger.
Die Gesamtschule hat ihre Chance genutzt sich von der besten Seite zu präsentieren. Das Kollegium, Schülerinnen und Schülern die motiviert und engagiert Themen aufgegriffen wie beispielsweise die ökologische Fleischproduktion was der Ministerin sicherlich sehr gut gefiel. Aber auch die Verbundenheit zu Kempen und den Traditionen, es wurden Fackeln und das Kempener Martinslied „Zint Maerte ös al werr op Rett“ vorgestellt. Von dieser Seite aus betrachtet, daher eher mehr.
Aus schulpolitischer Sicht, „es gibt keine Patentlösungen“ und „die vorhandenen Möglichkeiten ausschöpfen“, eher weniger. Was hilft ein starres Schulsystem welches nicht auf aktuelle Probleme vorbereitet ist und darauf reagieren kann? Die Übergangsphase von auslaufenden und sich aufbauenden Schulen, in unserem Fall der Gesamtschule legt Probleme offen auf die es nur unbefriedigende Antworten gibt. „Die Gesamtschulen sollen nicht zum Auffangbecken werden“ und somit wird „ein Schulweg in angrenzende Kommunen unabdingbar“. Flexibel auf Übergangsphasen reagiert die Gesetzgebung hier leider nicht. Schulwege von deutlich über 60 Minuten werden in Kauf genommen. „Wir können nicht jeden Wunsch befriedigen“! Wenn die Kinder auch in der Nachbarstadt nicht in der gewünschten Schulform zum Zuge kommen müssen die Eltern sich mit ihrem Kind für eine andere Schulform entscheiden.“
Enttäuscht, ernüchternd, der Realität ins Auge gesehen haben gestern viele Eltern, Lehrerinnen und Lehrer. Frau Ministerin Löhrmann sieht leider nicht für alle Kempener Kinder einen Platz in Kempener Schulen.
Wir wollen das Versprechen halten, alle Kempener Kinder an der Gesamtschule aufnehmen zu können“, so Schuldezernent Michael Klee. Die Umsetzung gestalte sich aber mehr als problematisch.
Mit freundlicher Genehmigung: copyright Ralph Braun Kempen
Von Links: Schuldezernent Otto – Bezirksregierung Düsseldorf, Schuldezernent Klee – Stadt Kempen, Schulministerin Löhrmann, Hr. Hötter – Schulleiter Gesamtschule Kempen, Funken – Vorsitzender des Schulausschuss Kempen
Sehr geehrte Frau Schulministerin Löhrmann
Kempen ist eine besondere Stadt und dies nicht nur aus der Sicht der Bürgerinnen und Bürger. Nein, Kempen ist es, wie viele andere Städte auch, auch aus der Sichtweise nicht Ortsansässiger, auf vielfältige Art und Weise.
Beispielsweise die Situation, welche die Veränderungen im Schulsystem mitbringt. Wir haben in Kempen neben zwei Gymnasien eine auslaufende Hauptschule, eine auslaufende Realschule und eine sich aufbauende Gesamtschule. Bei der Planung von Schuleingangsklassen im Sek. I sind nun, nach Vorgaben aus dem Schulgesetz, in Kempen 12 Eingangsklassen zu bilden. Aufgrund der Bedarfe insgesamt 6 an den beiden Gymnasien und weitere 6 an der Städtischen Gesamtschule. Dies hat für Kinder aus zuziehenden Familien weitreichende Folgen, da die Eingangsklassen, der entsprechenden Bandbreite gemäß gebildet und, zumindest an der Gesamtschule, bis auf den letzten Platz belegt werden. Der Klassenfrequenzrichtwert wird leider überschritten. Für Kinder aus Flüchtlingsfamilien oder zuziehenden Familien gibt es somit keine Chance auf eine innerstädtische Beschulung an der Schule längeren gemeinsamen Lernens.
Wir richten daher einen dringenden Appell an Sie als zuständige Ministerin des Landes NRW diese Situation zu berücksichtigen und Änderungen im Schulgesetz vorzunehmen.
Nach § 6 Abs. 5, Satz 1 bis 3 der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz NRW beträgt der Klassenfrequenzrichtwert in der Realschule, der Sekundarstufe I des Gymnasiums und der Gesamtschule 28. Es gilt die Bandbreite 26 bis 30. Abweichend hiervon beträgt in den Klassen 5 und 6 der Klassenfrequenzrichtwert 27 und es gilt die Bandbreite 25 bis 29. Weiter ist im § 6 Abs. 5 unter Punkt 2 der VO zu § 93 Abs. 2 Schulgesetz das Folgende ab vier Parallelklassen geregelt: „Soweit es im Einzelfall zur Klassenbildung erforderlich ist, kann die Bandbreite nach den Sätzen 2 und 3 um eine Schülerin oder einen Schüler unterschritten, an einer Realschule oder einem Gymnasium auch um eine Schülerin oder einen Schüler überschritten werden.“
Diese Verordnung muss, im Sinne der Schülerinnen und Schüler, dahingehend verändert werden, dass die Bandbreite in den Klassen 5 und 6 in Schulen längeren gemeinsamen Lernens auf 25 bis 28 reduziert wird um bei Situationen, wie sie beispielsweise in Kempen vorliegen, 2 Gymnasien, eine auslaufende Real- sowie Hauptschule und eine aufbauende Gesamtschule, einen Puffer für mögliche Zuzüge oder Schulformwechsler vorzuhalten und diese dann wohnortnah beschulen zu können. Sicherlich kann eine Beschulung am Ort nicht grundsätzlich garantiert werden, doch gerade in ländlichen Bereichen wie Kempen bietet der ÖPNV außerstädtisch nicht die Möglichkeiten eines schnellen Schulweges. Einen Schulweg von 1 ½ Std. wie er beispielsweise durch die Nichtaufnahme eines Schülers aus St.Hubert an der Gesamtschule Kempen wegen „voller Klassen“ nötig wurde, halten wir aber für unzumutbar. Durch einen eingeplanten Puffer innerhalb der Bandbreite für ländliche oder Kommunen mit nur zwei verschiedenen Schulformen im Sek.I würde man das weitestgehend, zum Wohle der Schülerinnen und Schüler sowie dem Ansatz kleiner Klassen, ausschließen.
Ebenso ist der Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW, vom 18.05.2015, der Regelungen zum leistungsbedingten Wechsel von Schülern des gegliederten Schulsystems auf Schulen des längeren gemeinsamen Lernens regelt, anzupassen. Da zwar grundsätzlich ein Wahlrecht der Eltern zwischen Schulformen des gegliederten Systems und den Schulen des gemeinsamen Lernens besteht, diese jedoch eine eindeutige Bevorzugung der Schulformen längeren
gemeinsamen Lernens vorsieht und zu Problemen in kleineren Kommunen führt. Dabei nehmen Schulen des längeren gemeinsamen Lernens Schülerinnen und Schüler aus anderen Schulformen grundsätzlich nur im Rahmen der rechtlich vorgesehenen Klassenbildungswerte auf Basis der tatsächlich vorhandenen Zügigkeit und an zweiter Stelle auf. Im Falle der Kapazitätserschöpfung an diesen Schulen ist vorrangig die Aufnahme an den Schulen des gegliederten Systems zu prüfen. Bei Überschreitung der Aufnahmekapazität ist in Ausnahmefällen die Bildung einer zusätzlichen Parallelklasse ab der Jahrgangsstufe 7 auch an einer Schule des längeren gemeinsamen Lernens zwar nicht ausgeschlossen, sie soll jedoch möglichst verhindert werden.
In einer Erläuterung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW bittet Herr Staatssekretär Hecke darum nachfolgendes zu beachten:
„Sowohl die Schulen als auch die Schulaufsicht sollen die Eltern der betreffenden Kinder vorrangig zugunsten eines Schulwechsels innerhalb des gegliederten Systems beraten. … Es ist hierbei jedoch zunächst vorrangig die Prüfung einer Möglichkeit zur zusätzlichen Klassenbildung bei den Schulformen des gegliederten Systems vorzunehmen. Erst nachrangig erfolgt eine solche Prüfung auch mit Blick auf die Schulen des längeren gemeinsamen Lernens.“
Bei einem größeren Unterschied innerhalb der Bandbreiten von Klasse 5-6 und 7, wie eingangs angeregt, würde eine mögliche Zerschlagung gewachsener Strukturen im Klassenverband verhindert und der Situation innerhalb kleinerer Kommunen Rechnung getragen. Würde man den Höchstwert der Bandbreite Klassen 5-6 von 29 auf 28 reduzieren, eine gerichtsfeste Anweisung einfügen die Bandbreite nicht ausschöpfen zu müssen sondern nur bis zum Klassenfrequenzwert, so wäre das Problem weitestgehend gelöst.
Sehr geehrte Frau Löhrmann, neben Inklusion, Flüchtlingsströmen und Zuwanderung sind auch Änderungen im Schulsystem nicht einfach zu bewältigen. Wir wollen Schulformen des gemeinsamen Lernens nicht benachteiligen, sondern es soll abgesichert werden, dass die ländlichen Kommunen, die sich auf dem Weg gemacht haben und Schulformen des gemeinsamen Lernens als 2. Säule aufbauen auch zumindest ihre einheimischen Kinder dort anmeldet werden können und zudem auch später noch gewisse Aufnahmen möglich sind. So wollen wir uns nicht auf Kosten der Nachbarkommunen „aufblähen“ und dort die Schulstrukturen zerstören. Sondern es soll nicht zu einem „Wegsaugen“ durch unsere Gesamtschule zu Lasten der benachbarten Sekundarschulen kommen.
Einen Schulweg von 1 ½ Std. wie er beispielsweise durch die Nichtaufnahme eines Schülers aus Kempen – St.Hubert an der Gesamtschule Kempen wegen „voller Klassen“ nötig wurde, halten wir für unzumutbar.
Wir sind es unsern Kindern schuldig die bestmöglichen Bedingungen für Bildung zu schaffen. Sehr geehrte Frau Ministerin, wir nehmen Sie beim Wort, lassen Sie kein Kind zurück und schaffen die rechtlichen Voraussetzungen damit Sie dieses Versprechen einlösen und wir es innerhalb der Kommunen umsetzten können. Nehmen Sie unsere Anregungen auf und setzten sie diese, in der von Ihnen angedachten Änderung der APO-S I zum 1. August, um.
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