Herzlich willkommen in einer Gesellschaft die ihre Kinder nur noch bekommt weil sie ja irgendwie dazugehören. Dazugehören wie ein Haus, ein dickes Auto und ein gepflanzter Baum. Wollen wir das, wollen wir die schönsten Jahre unserer Kinder auf dem Altar des gesellschaftlichen Mainstreams opfern? Beide Eltern müssen einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen um den Wahnsinn bedienen zu können, um mindestens 14 Tage Urlaub im 4 Sterne Hotel auf Mauritius und das freistehende Einfamilienhaus bezahlen zu können. Natürlich begleitet von der Nachhilfelehrerin die zwischen Klavierunterricht, Reitstunden und dem Tennismatch die bereits im Kindergarten erworbenen Englischkenntnisse vertieft, um ja ein Abitur mit einem 1.0 Durschnitt nach nur 12 Schuljahren zu garantieren.
Wo bleibt das NORMALE, wo bleibt die Jugendfreizeit mit dem Turnverein, die Zeit mit Mutter oder Vater in den ersten Jahren vor der Schule, der Urlaub auf dem Bauernhof oder dem Zeltplatz? Wollen wir uns später einmal fragen lassen: „Wo warst du als ich laufen lernte, meine ersten Worte sagte und warum bist du mir fremd?“
Müssen wir nicht umdenken, müssen wir nicht einfach akzeptieren das nicht jeder für 10.000€ Urlaub machen kann, nicht jeder ein Einfamilienhaus besitzt und auch nicht für jedes Familienmitglied mindestens ein Mittelklassefahrzeug vorhanden ist, die gemeinsame Zeit viel wertvoller?
ICH FINDE JA! Mich interessiert mein Sohn, ich kann ihm irgendwann all diese Fragen beantworten und sagen „Es war eine schöne Zeit mit dir, wir hatten Spaß“. Vieles kann man kaufen, doch die verlorene Zeit, die definitiv nicht!
Wenn es wieder Normalität wird Zeit für Familie, Kind und Erziehung zu haben, dann benötigen wir keine Kindertagesstätten und keine Geschäfte die ihre Angestellten rund um die Uhr beschäftigen. Diese Angestellten sind in der Regel auch Eltern mit Kindern die nur einmal Laufen lernen, das erste Wort sprechen und nicht bei „fremden“ Menschen wohnen möchten.
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Hallo Herr Funken,
ich wollte mich über Flüchtlingshilfe informieren, stolperte dann über Ihren Blog und damit über den obigen Beitrag, der für mich unfassbar deutlich macht, dass das Problem in Sachen Betreuung noch immer nicht verstanden wurde.
Es geht bei der Forderung nach “24 Stunden Kitas” weder um 10.000-Euro-Urlaube noch um den Familienfuhrpark oder ein Eins-Nuller-Abi mit extra Abschluss in Mandarin.
Familien möchten wirtschaftlich unabhängig sein und ihre Lebenshaltung bezahlen können. Manchmal geschieht das in Berufen, die unregelmäßige Arbeitsspitzen haben (Projektarbeit) oder die Schichtbetrieb benötigen. Familien, die Ihr Einkommen darüber erzielen müssen, stehen dumm da, wenn die Kita täglich um 16 Uhr und freitags um 14 Uhr schließt.
Nehmen wir ganz klassisch den Krankenpfleger im Schichtbetrieb: Morgens hätte er Gelegenheit, Zeit mit seinem Kind zu verbringen. Nachmittags hat er Dienst. Was geschieht? Sein Kind geht morgens in die KiTa und wird dann nachmittags beispielsweise von Oma abgeholt, während er zur Arbeit geht. Zeit mit Kind: Nahezu null.
Davon ausgehend, dass es für Sie keine Option ist, dem Kind einen Besuch des Kindergartens vorzuenthalten, könnte man diese Situation ändern, indem man sich dem Gedanken öffnet, dass Kitas andere Öffnungszeiten und neue Betreuungskonzepte bekommen. Damit würde für den Krankenpfleger genau das möglich, was Sie sich wünschen: Dass er mehr Zeit mit seinem Kind verbringen kann.
Klar, besteht die Welt nicht nur aus Krankenpflegern. Sie können auch den Einzelhandel nehmen (selbst den Einzelhandel, der “nur” bis 18.30 geöffnet hat) oder Dienstleistungsunternehmen, die von Kundenaufträgen leben, die jenseits der nine-to-five-Arbeitszeit realisiert werden müssen. Viele dieser Arbeitgeber können z. B. Teilzeit nicht in den gängigen KiTa-Öffnungszeiten anbieten.
Was folgt? Entweder verzichtet ein Familienmitglied ganz auf den Job (klebt nicht für die Rente, erbringt keine Steuern, verliert den Anschluss) oder man organisiert und zahlt sich dumm und dusselig, um die Neben-Kita-Zeit Betreuung hinzubekommen. Alleinerziehende gehen in dieser Situation übrigens sehr schnell baden und verlieren ihre Jobs.
Bevor man also die “24-Stunden-Kita” verteufelt, wäre es hübsch, sich ein bisschen mit den Realitäten in diesem Land auseinanderzusetzen, anstatt sich Drama-Queen-mäßig darüber zu echauffieren, dass “die schönsten Kinderjahre auf dem Altar des gesellschaftlichen Mainstreams geopfert werden”.
*ein-Snickers-rüber-reich*
Sehr geehrte/r Unbekannte/r
In meiner Äußerung zur 24Std. Kinderbetreuung beziehe ich mich, sicherlich etwas provokant, auf die durchschnittliche Familie. Diese ist nicht in denen von Ihnen aufgeführten Berufen tätig und kommt, sofern die schönsten Kinderjahre nicht dem Mainstream geopfert werden, prima, ohne sich ins von Ihnen angesprochene Abseits zu stellen, mit den derzeitigen Angeboten klar. Natürlich ist das Familienleben dahingehend abzustimmen und die Hilfe von Großeltern, leider nicht immer vorhanden, wünschenswert.
Ich gebe Ihnen Recht, es gibt sicherlich Berufsgruppen oder besondere Projekte, bei denen eine Betreuung, individuell, über 24 Stunden abrufbar, schön wäre. Doch glaube ich, alternative Lösungen wie beispielsweise Betriebskindergärten, zumindest in größeren Unternehmen auch ein Mittel um besonders qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu binden oder anzulocken, sind, um die von Ihnen geschilderten Problematiken zu lösen der bessere Weg. Ja, es gibt definitiv Berufsgruppen deren Arbeitszeiten familienunfreundlich sind, doch daraus einen grundsätzlichen Anspruch auf eine 24Std. Kinderbetreuung abzuleiten halte ich für falsch. Dies kann nicht die Aufgabe der Kommunen sein.
Kommunen haben derzeit schon kaum eine Planbarkeit in ihren Betreuungsangeboten. Eine Planung der vorzuhaltenden Kindertagesstättenplätze ist, beispielsweise durch das Wahlrecht der Eltern zwischen Kindertagesstätte und Pflegemutter, nicht, oder nur unzureichend gegeben. Wie sollen Kommunen jetzt noch zusätzlich eine, etwaig benötigte, individuell bereitzustellende, 24Std. Kinderbetreuung vorhalten können? Zwei Kinder von 18 bis 24 Uhr, ein weiteres von 22 bis 4? Wie soll sich ein Kind auf solche Zeiten einstellen können? Außer, dass die Kinder in dieser Zeit schlafen wird man doch sicherlich nicht ernsthaft eine andere Betätigung in Erwägung ziehen können.
Ich habe nichts gegen Kitas – aber die von einigen gewünschte neue Norm der ständigen Verfügbarkeit und der Unterordnung führt dazu, dass sich Kita-Mütter nur noch als Wirtschaftsfaktoren begreifen. „Wenn Kinder nur dazu da sein sollen, morgens in die Kita gebracht und abends abgeholt zu werden, DAS kann es nicht sein! Es ist auch ungerecht den Kindern gegenüber, sie haben sich ja nicht von allein in die Welt gesetzt.”
Hallo Herr Funken,
nein, nicht jede KiTa soll 24-Stunden geöffnet haben. Diesen Anspruch habe ich nicht abgeleitet. Ich verwehre mich allerdings dagegen, die Eltern, denen es entgegenkäme, ein solches Angebot nutzen zu können, als mainstream-unterherhechelnde, dem schnöden Mammon verfallene Gruppe darzustellen, deren Hauptanliegen es ist, zigmal im Jahr auf die Malediven zu fliegen. Warum kann nicht eine KiTa ein solches Angebot im Programm haben, vielleicht auch “nur” ergänzend?
Sie meinen, Betriebs-KiTas könnten eine Lösung sein. Da sind wir sogar einer Meinung.
Ein (mittelständischer) Arbeitgeber, der sportliche Arbeitszeiten fordert, sagt allerdings das gleiche wie Sie, nämlich, dass das nicht seine Aufgabe sei. Er sei doch schon so belastet, weil seine Leute überhaupt Kinder haben. Seitens der Verwaltung wird bei den Beiträgen für Betreuung ebenfalls die familiäre Wirtschaftskraft zugrunde gelegt.
Wer betrachtet hier also wen als Wirtschaftsfaktor, hm?
Ganz davon ab, kann ich an den Berufen im Einzelhandel, in der Pflege oder in Projektarbeit nichts “unnormales” entdecken – abgesehen davon, dass es keine 9 to 5-Jobs sind. Die Gehälter sind in jedem Fall eher durchschnittlich *lach*
Sehr geehrte/r Unbekannte/r
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat das Modellprogramm „KitaPlus“ ins Leben gerufen. Dieses, über 3 Jahre laufende Programm richtet sich genau auf die von Ihnen angesprochene Problematik. Es bleibt abzuwarten welchen Bedarf dieses Programm aufzeigt und in welchem Ausmaß es genutzt wird.
Im Zuge des Programms soll es gelingen, alleinerziehende Frauen und Männer sowie Schichtarbeitende einschließlich der Arbeitssuchenden/Arbeitslosen, deren Tätigkeitsfeld insbesondere mit einem Schichtdienst verbunden wäre, auf Grund der Bereitstellung passender Betreuungsstrukturen und persönlicher Unterstützung die Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme zu geben bzw. die Arbeitskraft dem Arbeitsmarkt zu erhalten. Auch junge Familien, in denen Mütter und Väter durch Ausbildung und Studium zeitlich gebunden sind, können von diesem Programm profitieren.